31.01.2010 FAZ


REINER WEIN
Lava im Glas

VON STUART PIGOTT

 

Sizilien war lange eines der Schlusslichter im italienischen Weinbau, steht aber inzwischen qualitativ und vom Renommee her mit an der Spitze. Obwohl auch manche kleine Betriebe beim Aufschwung eine Rolle gespielt haben, waren die maßgeblichen Kräfte vor allem große Weingüter. Cusumano in Partinico ist ein gutes Beispiel für diese Kombination (etwa 450 Hektar Rebfläche bei einer Jahresproduktion von 2,5 Millionen und Dynamik. Der unglaublich farbintensive und nach Datteln und Bitterschokolade duftende, üppige und geschmeidige 2006er „Noà“ (24,80 Euro be Garibaldi, Telefon 0 89/35 63 61 16) zeigt, was solch ein Betrieb leisten kann, wenn er sich mit der Erzeugung moderner Spitzenrotweine widmet.

Wie bei so vielen neuen sizilianischen Rotweinen handelt es sich um eine Cuvée aus der autochthonen Traubensorte „Nero d`Avola“ und französischen Importen, in diesem Fall Cabernet Sauvignon und Merlot. Reinsortiger Nero d`Avola kann spektakulär ausfallen wie beim 2006er „HArmonium“ vom 200 Hektar großen Weingut Firriato in Paceco (22,80 Euro, Bezugsquellen über Abayan, Telefon 040/ 4 80 03 50), der neben Harmonien und geschliffenem Finale dank starker Brombeer- und Preiselbeeraromen eine erstaunliche Frische für 15 Prozent Alkoholgehalt sowie reichlich Gerbstoff besitzt.

Das basiert auf sehr geschickter Kellerwirtschaft und erinnert durchaus an kalifornische Spitzenweine im dreistelligen Euro-Bereich.

Wie groß die stilistische Bandbreite beim Nero d`Avola ist, zeigt der großzügige, fleischige und nach Dörrpflaumen duftende 2005er „Nerobaronj“ vom Weingut Gulfi in Chiaramonte Gulfi (28,90 Euro bei Garibaldi, Telefon 089/ 3 59 02 22), der auch nicht schwer oder übermäßig süßlich wirkt, was in solchen Breitengraden nur allzu leicht passieren kann. Noch kleiner als der 75 Hektar umfassende Betrieb von Gulfi ist das Weingut Benanti in Viagrande am Ätna mit 44 Hektar. Sein roter Spitzenwein ist der aromatisch sehr vielschichtige (Zitronat, Kräuter und Mineralien) und geschmacklich zugleich konzentrierte und deutlich herbe 2004er „Serra della Contessa“ (28,95 Euro bei Centro Italia, Telefon 030/ 3 02 17 28).Aus den gleichen autochthonen Trauben, Nerello Mascalese und Nerello Cappucio, erzeugt Benanti auch den hervorragenden „einfachen“ 2006er Rotwein „Rosso di Verzella“ (10,45 Euro bei Centro Italia), der im Duft fast an Kräuterlikör erinnert. Mit seiner Balance zwischensüdlicher Reife und einer ordentlichen Menge an herbem Gerbstoff ist es der optimale Wein beispielsweise zu Salami.

Noch urtümlicher wirkt der 2007er „Hierà“ (15 Euro bei der Enoteca Blanck & Weber, Telefon 030/ 88 67 99 60) von Carlo Hauner Jr., ein kräftiger, enorm würziger und mineralischer Rotwein von den Liparischen Inseln Salina und Vulcano. Man könnte sich durchaus einbilden, die Lava im Glas zu schmecken.

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